Landwirtschaft und Ernährung: News, Trends und Innovationen aus Baden-Württemberg

Äcker bewalden 

Bäume und Hecken säumen Ackerflächen: Was unspektakulär aussieht, ist für die Landwirtschaft ein Paradigmenwechsel. Das Miteinander von Bäumen und Ackerboden auf einer Fläche bezeichnet man als Agroforst. Baumreihen auf dem Feld schützen vor Bodenerosion und Verdunstung – gut für die Erträge der Landwirte. Zudem profitieren der Wasserhaushalt, die Biodiversität und das Klima von der Co-Kultur – gut für die ganze Gesellschaft. Doch bislang fehlen Anreize für Landwirtinnen und Landwirte, auf Feldern auch Hecken und Bäume zu pflanzen. Die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg will das ändern. Über das Pilotprojekt „Naturbasierter Klimaschutz“ fördert sie unter anderem Agroforst-Vorhaben. Ab Anfang 2025 werden erste Maßnahmen auf einer ausgewählten Modellfläche umgesetzt. Die Vorteile für die Flächeneigentümer: Die Kosten für die Planung, die Bepflanzung, aber auch für die Pflege der Gehölz- oder Baumreihen werden von der Klimaschutzstiftung getragen. Und die Unternehmen, die Klima- und Naturschutzprojekte in Baden-Württemberg fördern möchten, können über eine Naturprämie ab dem Jahr 2025 solche und andere Projekte der Klimaschutzstiftung unterstützen und ihr Engagement in der Region sichtbar machen. 

www.klimaschutzstiftung-bw.de/naturpraemie

 

 

 

Naturnah anbauen

Manche Lebensmittel im Supermarkt tragen das Etikett „Permakultur“. Dahinter verbirgt sich eine Anbaumethode, die sich sehr nah an den Kreisläufen der Natur orientiert. Es wird etwa nur so viel geerntet, dass die Böden nicht ausgelaugt werden. Ein Unterschied zu „Bio“: Obst und Gemüse wachsen noch naturbelassener und ausschließlich in Mischkulturen.

 

Smart Wasser sparen 

Immer mehr Flächen in Baden-Württemberg, die bislang mit natürlichen Niederschlägen auskamen, müssen aufgrund des Klimawandels zusätzlich bewässert werden – so effizient wie möglich. Ein Team der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen entwickelt dazu einen Virtuellen Informations- und Lehrpfad für die Landwirtschaft („VIOLA“). Über eine App sollen Landwirte Empfehlungen erhalten. Das Projekt wird von der Baden-Württemberg Stiftung unterstützt.

www.bwstiftung.de/viola

 

Alternativen ausprobieren

Hafer-, Mandel- oder Reismilch: In Europa stieg der Umsatz von pflanzlichen Alternativen zu Kuhmilch zwischen 2020 und 2022 um 49 Prozent. Vor allem in Deutschland ist das Interesse groß, während Menschen in Frankreich und Spanien schwerer von Hafermilch & Co. zu überzeugen sind. Bei der Kaufentscheidung der Deutschen spielte laut einer Befragung der Universität Hohenheim aus dem Jahr 2023 das Tierwohl die größte Rolle.

 

 

Boden gut machen 

Um die Klimakrise zu bekämpfen, reicht es nicht aus, CO2 einzusparen. Das Klimagas muss auch aus der Atmosphäre weichen. Ein Lösungsansatz ist der Humusaufbau in der Landwirtschaft, bekannt als Carbon Farming. Humus bildet sich im Boden durch den Abbau von Pflanzen- und Tiermaterial. Die organische Erde bindet Kohlenstoff im Boden: Wächst Humus auf einem Acker um 0,1 Prozent pro Hektar, können unter optimalen Bedingungen etwa fünf bis sechs Tonnen Kohlenstoff gebunden werden. Humus ist aber nicht nur ein wichtiger Klimagasspeicher. Er verbessert auch die Bodengesundheit, schützt vor Erosion und hilft die Artenvielfalt zu erhalten. Die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg setzt sich dafür ein, dass dieses besondere Potenzial genutzt wird. Zusätzlich zu jeder Spende von Unternehmen für Projekte im Globalen Süden fließt eine weitere Unternehmensspende in die regionale Naturprämie: Mit einem Betrag von fünf Euro können über ein Jahr auf einer Fläche von rund 500 Quadratmetern Maßnahmen zum Humusaufbau umgesetzt werden. Die Einnahmen fließen in Projekte des Vereins CO2-Land. 

www.klimaschutzstiftung-bw.de/humusaufbau

 

Kadmium bekämpfen

Agrarflächen sind eine der Hauptquellen von klimawirksamen Treibhausgasen. Aber auch Kadmium verstärkt den Klimawandel. Das giftige Schwermetall gelangt über Phosphatdünger in die Böden. Das ist ein Ergebnis der Forschung von Eva Marie Mühe, promovierte Biologin der Universität Tübingen. Die Baden-Württemberg Stiftung hat ihre Arbeit im Rahmen des Eliteprogramms für Postdocs gefördert. Mühe forscht nun am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig an Lösungsansätzen. 

www.bwstiftung.de/postdocs

  

Insekten essen

Mehlwürmer, Heuschrecken und Grillen: Eine Salatbar in Ludwigsburg serviert frittierte Insekten als Topping. Anders als Thunfisch oder Eier können die gefriergetrockneten Tiere nicht verderben. Schon im Jahr 2013 empfahlen die Vereinten Nationen, mehr Kerbtiere zu essen: Mit Proteinen aus Insekten ließe sich die Weltbevölkerung klimafreundlich ernähren. In Teilen Asiens sind die Krabbeltiere bereits ein beliebter Snack; besonders in Thailand boomt das Geschäft. Auch hierzulande dürfte der Wille zur Grille steigen – mit Trendsettern wie der Salatbar in Ludwigsburg. 

Lebensmittel drucken

Fans der US-Fernsehserie Star Trek warten schon lange darauf: Essen aus dem Replikator. In Sekundenschnelle produziert dieser alles, was man essen möchte. Diese Utopie könnte bald Realität werden. Forschende der Universität Hohenheim arbeiten daran, pflanzliche Lebensmittel mit dem 3D-Drucker herzustellen. Dazu verwendet das Team um Professor Mario Jekle einen Teig, der neben Margarine, Puderzucker und Backpulver aus einem Abfallstoff besteht, der bei der Produktion von Hafermilch anfällt. Die Masse wird in den 3D-Drucker gefüllt, der ein nachhaltiges Lebensmittel daraus macht. Das Besondere: Wie beim Stark-Trek-Replikator kann das Essen auf den Geschmack und die Wünsche des Einzelnen angepasst werden. So konnte das Team bereits einen Keks in Form von Schloss Hohenheim drucken.

 

Streuobst sichern

Zwischen Rhein und Donau, Odenwald und Bodensee prägen Streuobstwiesen das Landschaftsbild im Südwesten. Doch die Folgen des Klimawandels – Hitze, Trockenheit, Veränderungen im Wasserhaushalt des Bodens und Schädlingsbefall – setzen den verstreut gepflanzten Obstbäumen zu. Forschende aus Stuttgart, Hohenheim und Tübingen suchten drei Jahre lang gemeinsam nach Wegen, um die Streuobstwiesen fit für das Klima der Zukunft zu machen. Für das Erheben und Auswerten der notwendigen Daten kamen bei ihrem Projekt „Streuobstwiesen im Klimawandel (STIK)“ unter anderem Drohnen, Satellitenbilder und künstliche Intelligenz zum Einsatz. In Dialogforen und Workshops haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit den beteiligten AkteurenBewirtschaftungskonzepte und Anpassungsstrategien weiterentwickelt. Zudem wurden über Projekte an Schulen und in der Jugendarbeit junge Menschen für das Thema Streuobstwiese begeistert. Im Sommer 2024 hat das Team seine Ergebnisse vorgelegt.

https://ecology.uni-hohenheim.de/streuobstwiesen_im_klimawandel

 

Intelligent ernten

Äpfel sind die mit Abstand wichtigste Obstart in Baden-Württemberg: Auf knapp 12.000Hektar werden sie angebaut; das entspricht rund zwei Dritteln der gesamten Baumobstfläche. Doch die Auswirkungen des Klimawandels machen auch vor dem Lieblingsobst der Menschen im Südwesten nicht halt. Die Sonnenscheindauer steigt und die Feucht- und Trockenphasen sind anders verteilt als früher. Das Projekt „Lichtapfel“, das die Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Programms Klimaresilienz in der Land- und der Forstwirtschaft fördert, hilft den Obstbauern, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen. Die Idee: Optische Sensoren messen den Wasserstress der Apfelbäume, den Reifegrad der Früchte und den Fruchtfall. Mit klassischer Statistik und KI-Methoden werden die Daten analysiert – die Ergebnisse liefern den Bauern wichtige Hinweise zur richtigen Bewässerung und zum optimalen Zeitpunkt für die Ernte.

www.bwstiftung.de/lichtapfel

 

Weniger wegwerfen
In Deutschland landen jedes Jahr 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll statt auf den Tellern, in Frankreich 10 Millionen. Der Stopp von Lebensmittelverschwendung ist laut US-Forschenden eine der wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen überhaupt. Deutschland und Frankreich gehen das Thema gemeinsam an – mit dem Fokus auf junge Menschen: Jugendliche aus beiden Ländern sind aufgefordert, noch bis zum 22. November 2024 kreative Kochrezepte zur leckeren Resteverwertung einzureichen. Alle Rezepte werden in einem deutsch-französischen Retter-Kochbuch präsentiert. Der Jugendwettbewerb ist eine Initiative des baden-württembergischen Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Auch die Baden-Württemberg Stiftung fördert über das Programm Nouveaux horizons viele Projekte, mit denen die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich gestärkt wird.
www.bwstiftung.de/de/nouveauxhorizons