Als sie und ihr Kollege bei einer Verkehrskontrolle einen betrunkenen Fahrer erwischen und aufs Revier mitnehmen wollen, schlägt der Mann um sich. Gasser und ihr Kollege bringen ihn zu Boden – Routine für das eingespielte Team. Doch dann tritt der Mann mit voller Wucht gegen Gassers Gesicht. Ihr wird schwindlig. Erst als der Schock nachlässt und sie in der Notaufnahme sitzt, spürt sie das Dröhnen im Kopf, die Übelkeit. Der Rücken und die Halswirbel schmerzen, den Kopf kann sie kaum drehen. Die Ärzte stellen ein Schädel-Hirn-Trauma fest und schicken sie aufgrund der Corona-Pandemie nach Hause. Im Bett beginnt sie zu zittern, ihr Herz rast, sie schwitzt und friert zugleich. Das weckt ihre Frau neben ihr. Sie ist die Erste, der sie erzählt, was passiert ist.
Vier Tage später ist der Stiefelabsatz auf Yvonne Gassers Stirn noch immer sichtbar. Nicht sichtbar sind die psychischen Verwundungen. So kommt sie auf Anraten eines Kollegen zur psychosozialen Begleitung des Polizeipräsidiums in Ulm. Ulrike Renz, selbst Polizistin und als Beraterin geschult, begleitet die Kollegin seit dem Vorfall. Für Gasser eine enorme Stütze: „Sie hörte einfach zu, bei ihr konnte ich über alles sprechen, ohne dass sie gleich mit Ratschlägen kam. Ich konnte ihr vertrauen“, erzählt Gasser. „Sie zeigte mir Atemtechniken, um abschalten zu können. Wenn ich mich unsicher fühle, kann ich mit mentalen Übungen Ruhe finden.“