Die insgesamt zehn Jugendlichen, die sich mittlerweile seit drei Jahren jeden Montagnachmittag in der Akademie Schloss Rotenfels treffen, leben in oder um die Kleinstadt Gaggenau im Tal des Flusses Murg. So wie das hübsche gelbe Schlösschen mit den Bananenstauden im Garten ein echtes Idyll ist, ist das ganze Murgtal sanft in Hügel eingebettet und wirkt wie ein aufgeräumter Flecken Erde im Hinterland von Baden-Baden. Aber auch hier klafft die Schere zwischen denen, die alle Chancen haben, und anderen, die mehr und mehr abgehängt werden, immer weiter auseinander. Deshalb hat sich in der Gemeinde vor fast zehn Jahren der Präventionsverein „Lebenswertes Murgtal e. V.“ gegründet – unter Führung der örtlichen Polizei, in Zusammenarbeit mit der Kommune und den sozialen Fachstellen.
Lernen
Wie findet man zu einer eigenen Haltung? Und wie können junge Menschen, die es nicht leicht im Leben haben, Selbstbewusstsein und Stehvermögen entwickeln? Reich an Mut! unterstützt Initiativen für mehr Teilhabe wie das Theater- und Erlebnisprojekt des Präventionsvereins im Murgtal.
Der Verein unterstützt benachteiligte junge Menschen dabei, ihren Platz im Leben zu finden und nicht auf die schiefe Bahn zu geraten. Wer weniger privilegiert aufwächst, hat weniger Chancen auf einen guten Bildungsabschluss und ein gesundes Leben und ist auch eingeschränkter in der persönlichen Entfaltung. Daraus können Frust, Perspektivlosigkeit, Wut und im Extremfall auch Gewalt und Kriminalität entstehen. Für den Verein bedeutet Prävention aber nicht verhindern, sondern ermöglichen. Kinder und Jugendliche sollen die Gelegenheit bekommen, jenseits von sozialen Etiketten und Rollenzuschreibungen Selbstbewusstsein, eine eigene Haltung und Stehvermögen zu entwickeln. „Es geht darum, die Kiddies stark zu machen. Wir üben hier Beziehungsarbeit“, erklärt Ludäscher. Beziehungsarbeit für die Gesellschaft von morgen.
Über die vergangenen drei Jahre ist die Gruppe zu einer echten Gemeinschaft geworden. Sie haben sich einen eigenen Raum geschaffen, in dem jede und jeder so sein kann, wie sie und er ist. Das hat vieles möglich gemacht. Im letzten Jahr haben sie sogar ein eigenes Theaterstück zum Thema Mobbing geschrieben und inszeniert.
Erfolg haben, auch darum geht es bei Reich an Mut! Auch bei einer Schnitzeljagd an einem Montagnachmittag Ende Juli. Im steilen Gelände des Waldes müssen sieben Jugendliche den Weg durch unwegsames Terrain finden. Mithilfe eines Kompasses sollen die vier Mädels und drei Jungs Zettel in Baumstümpfen oder gut getarnte Pfeile aus Stöcken am Wegesrand orten. Gar nicht so einfach, denn vor lauter Wald sieht man oft die Bäume nicht. Aber das Ziel ist klar: Die Jugendlichen sollen sich gemeinsam einer Herausforderung stellen – und lernen, dass man irgendwann schon weiterkommt, auch wenn man sich zunächst auf verlorenem Posten wähnt. Durchhalten als Devise. Die Belohnung am Ende der Jagd ist dann der Erfolg, den viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts sonst nicht allzu oft erleben und genau deshalb so nötig haben.